Audioguide auf Deutsch
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Hallo, mein Name ist Karolina Jung, ich bin Deutsche. Nein, nicht richtig, genauer gesagt, bin ich galizische Deutsche. Und gerade ich mache heute für Sie eine Führung durch das Museums- und Kulturzentrum "In Unterwalden".
Ich bin 1920 hier in Unterwalden geboren und hier habe ich auch meine frühe Kindheit und Jugend verbracht. Wir hatten ein Haus, das noch mein Opa Kristian mit meiner Oma Matilda gebaut hat. 1938 haben wir zum ersten Mal in unserem Garten Äpfel, Birnen und Pflaumen geerntet. Diesen Garten haben wir ein paar Jahre früher gemeinsam mit meinem Vater Karl gepflanzt. In Unterwalden haben meine guten Freunde – Deutsche Luisa, Katarina, Matilda und Yakub, Jude Izko und Aaron, Polin Anelia und Ukrainer Vlodko und Hania gewohnt.
Es war hier egal, welche Sprache du sprichst. Es war wichtig, sich miteinander zu verständigen. Deswegen haben wir natürlich auf Deutsch gesprochen, aber wir konnten auch ziemlich gut das gesprochene Ukrainisch und sogar Polnisch.
Jeden Sonntagmorgen sind alle zu ihren Kirchen gegangen. Wir, Deutsche, gingen zur evangelischen Kirche, Ukrainer zur griechisch-katholischen Kirche und Pole zur römisch-katholischen Kirche, die sich im nächsten Dorf Pohoriltsi befindet hat. Während bei uns in Pidhaichyky-Unterwalden Ukrainer und Deutsche die Mehrheit ausgemacht haben, in Pohoriltsi waren Ukrainer und Pole in der Überzahl.
Ich erinnere mich an unsere Familienreisen zum Weihnachtsabend zu meiner Tante Nelli ins deutsche Dorf Dobtsau. Sie hat meinen Onkel Karol geheiratet und hat dort gewohnt. Mit dem Leiterwagen zu reisen war eine faszinierende Unterhaltung, weil unsere Mutter uns immer unterwegs Bonbons, die in Form von Hahn waren, auf dem Markt in Peremyschljany gekauft hat. In Dobtsau gab es viele Deutsche und auch berühmte deutsche Musiker. Übrigens war dort ein großartiger Musiker – Rudolf, dessen Frau Tetiana Ukrainerin war.
Ich sage doch, wir hatten ein perfektes Leben. Aber schauen Sie sich mal um. Wenn Sie am Eingang des Museums- und Kulturzentrums "In Unterwalden" stehen, können Sie nur Trümmer beobachten.
Also fangen wir damit an, dass der Zweite Weltkrieg die Welt meiner Jugend zerstört hat. Es ist am 17. September 1939 geschehen, als die sowjetischen Soldaten Ostgalizien erobert haben. In Oktober-November haben manche Agitatoren aufgetaucht und die Deutschen zur Heimkehr aufgeffordert. Meine Eltern haben mit ihrer Entscheidung nicht lange gezögert, obwohl es war schmerzhaft, das Elternhaus und das Eigentum zu verlassen. Sie haben sich gut an den Ersten Weltkrieg erinnert, wenn 1914-1918 Jahre unsere Heimat Unterwalden mehrmals von russischen Truppen, die zuerst Lwiw angegriffen haben und dann von dort aus geflohen sind, fast bis auf die Grundmauern zerstört wurde. Deswegen haben wir sofort im November 1939 unser Vaterhaus verlassen. Ich und meine Mutter haben einen Zug von der Station Lahodiv genommen. Mein Vater und Bruder hingegen haben alles Mögliche mitgenommen und im Leiterwagen eingepackt. Sie haben auch einige Pferde und eine Kuh gespannt und haben sich auf die Reise begeben. Durch Zentralpolen sind wir zu den sogenannten DP-Lager (wörtlich „Displaced Persons“, Lager für Vertriebene) in die Gegend des heutigen Danzig (Gdansk), damals – Danzig (Freie Stadt Danzig) gefahren. Dort haben wir uns getroffen und sind in ein paar Jahren gemeinsam zu unserem neuen Zuhause nämlich Neuhof neben Hildesheim gefahren.